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18. April 2024

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Das durchsichtige Tier

Das durchsichtige Tier© TU-Wien_Max Perutz Labs

TU-Wien und Max Perutz Labs entwickeln neue Methode, die Durchleuchtung von Tieren und Organismen ermöglicht. Mittels fluoreszierender Farbstoffe und spezieller Mikroskoptechniken können Objekte ohne Beschädigung durchsichtig gemacht werden.

(red/mich) Was passiert eigentlich im Inneren eines Borstenwurms? Wie sind ganz bestimmte Arten von Zellen im Körper eines Axolotls verteilt? Wie sieht die Struktur der Nervenzellen in einem Zebrafisch aus? Wenn solche biologischen Fragen bisher beantworten werden sollten, konnten die Tiere nur Scheibe für Scheibe aufgeschnitten und sodann unter dem Mikroskop untersucht werden. Dabei werden allerdings viele wichtige Strukturen zerstört.

Eine elegantere Möglichkeit ist das sogenannte „Klären“. Dabei werden die Tiere mit speziellen chemischen Methoden durchsichtig gemacht und bestimmte Arten von Zellen mit speziellen fluoreszierenden Farbstoffen markiert. Mit Hilfe eines sogenannten „Ultramikroskops“ wird das Tier dann durchleuchtet. Im Ergebnis entstehen spektakuläre Aufnahmen, die eine riesengroße Menge an wertvoller biologischer Information tragen, so die TU-Wien in einer Aussendung.

Übergreifende Kooperation
Aktuell gelang den ForscherInnen nun ein wichtiger Durchbruch: Während die bisher verwendeten Klärtechniken immer nur für einzelne spezielle Gewebe optimiert werden konnten, etwa für Mäusegehirne oder Fruchtfliegen, können jetzt beliebige Tiere zur Gänze durchsichtig gemacht und durchleuchtet werden. Das Forschungsprojekt entstand in einer Kooperation zwischen den Max Perutz Labs (Anm. Joint Venture von Universität Wien und der Medizinischen Universität Wien) mit Florian Raible als Gruppenleiter sowie der TU Wien, dem Center for Brain Research (CBR) der Meduni Wien und dem Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie (IMP).

Technologisch wird im Rahmen der Ultramikroskopie biologisches Gewebe Schicht für Schicht mit einem dünnen Laserlicht-Blatt durchleuchtet und aufgenommen und am Computer dann ein dreidimensionales Modell des Tieres erstellt. Davor muss das Gewebe aber so verändert werden, dass der Laserstrahl überhaupt eindringen kann. Eine große Herausforderung ist dabei, dass es in einem Organismus eine ganze Reihe von Pigmenten gibt, die vorher abgebaut werden müssen.

Wichtige Forschungsfragen
Das konnten die Forscher nun mit einer neuen Kombination von Chemikalien erreichen und zwar bei einer Vielzahl unterschiedlicher Tierarten, von Mollusken über Knochenfische bis hin zu Amphibien. Bestimmte Strukturen oder Zellen können dabei mit fluoreszierenden Molekülen markiert werden. Sobald sie vom Laserstrahl getroffen werden, senden sie Licht aus und werden dadurch sichtbar. Auf diese Weise können dreidimensionale Strukturen im Inneren des Tieres abgebildet oder die räumliche Verteilung bestimmter Zellen oder Moleküle im Körper untersucht werden.

Relevant ist jedoch, dass die Marker-Moleküle nicht in jede Art von Gewebe gleich schnell eindringen können. Bisher war es kaum möglich, schwer zugängliche Punkte tief im Inneren eines Tieres zu erreichen. Außerdem konnte es passieren, dass die Chemikalien, mit denen man die Pigmente zerstört, auch die fluoreszierenden Marker beschädigen. All diese Probleme konnten im Rahmen des aktuellen Forschungsprojektes gelöst werden. „Für die Biologie ist das eine neue und mächtige Untersuchungsmethode“, betont Florian Raible. „Wir sind überzeugt davon, dass man dadurch in der biologischen Forschung wichtige Fragen beantworten kann, die sich bisher nicht präzise untersuchen ließen.“

Links

red/mich, Economy Ausgabe Webartikel, 05.06.2020