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28. März 2024

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Die Grenzen der Kleinheit

Die Grenzen der Kleinheit© pexels/vincent tan

Die zunehmende Miniaturisierung der Elektronik kann die Fehleranfälligkeit erhöhen. Die TU Wien zeigt nun neue Ansätze zur Problemlösung und startet damit bereits bei der Planung von Schaltungen mit Mikrochips.

(red/mich/cc) Transistoren gelten als das Herzstück von Computerchips und sie werden immer kleiner. Dadurch lassen sich diese elektronischen Komponenten in vielerlei Geräten immer kompakter, schneller und auch leistungsfähiger herstellen. Allerdings, je kleiner die Bauteile, umso größer die Gefahr, dass einzelne Defekte in der kleinen (atomaren) Struktur das Verhalten des Bauteils deutlich verändern. Das gilt für die etablierte Siliziumtechnologie, aber auch für neuartige Nanotechnologien, die auf 2D-Materialien basieren.

Transistoren sind auf atomarer Ebene niemals perfekt
Die TU Wien beschäftigt sich seit längerem mit der physikalischen Beschreibung dieses Problems auf der Ebene von Transistoren. Aktuell betrachtet wird nun auch der Einfluss der Defekte auf der Ebene von elektronischen Schaltungen und die bestehen aus sehr vielen, manchmal sogar aus Milliarden von Transistoren. Manchmal ist es möglich, dass einzelne Transistoren zwar außerhalb der gewünschten Spezifikation arbeiten, als Teil einer Schaltung über mehrere Transistoren aber immer noch gute Dienste leisten.

Mit dieser neuen Betrachtungsweise auf Schaltungs-Ebene sollen noch große Fortschritte bei der Miniaturisierung möglich sein. „Die kleinsten Transistoren messen heute nur noch wenige Nanometer, man ist also auf die atomare Skala vorgedrungen“, sagt Michael Waltl vom Institut für Mikroelektronik der TU Wien. Doch Transistoren sind auf atomarer Ebene niemals perfekt: Manchmal sitzt vielleicht ein Atom an der falschen Stelle, manchmal ist die Verbindung zwischen zwei unterschiedlichen Kristallen nicht ganz exakt.

Nötige Veränderungen mit entsprechend negativen Auswirkungen auf Leistungsfähigkeit und Preis
„Bei größeren Bauteilen spielen solche Fehler keine so dominante Rolle, aber bei winzigen Transistoren kann schon ein einzelner Defekt dazu führen, dass die Kennlinien des Transistors weit außerhalb des vorgegebenen Toleranzbereichs liegen und sie somit unbrauchbar werden“, erklärt Waltl. Materialfehler in elektronischen Bauteilen werden in der Industrie meist statistisch vermessen. So kann berechnet werden, ob diese Transistoren verwendbar sind, oder ob Geometrie oder Produktionsprozess angepasst und eine etwaige Fehleranzahl verringert werden muss.

Im schlimmsten Fall müsste dann die Fläche des Chips vergrößert werden – mit entsprechend negativen Auswirkungen auf Leistungsfähigkeit und Preis. „Das alleinige Suchen nach Transistoren mit Eigenschaften außerhalb des gewünschten Parameterbereichs ist aber eigentlich eine allzu vereinfachte Sichtweise“, so Michael Waltl. „Entscheidend ist nicht die Frage, ob ein einzelner Transistor bestimmte abstrakte Kriterien erfüllt, wenn auf atomarer Ebene Fehler auftreten, sondern ob die ganze Schaltung sich dann noch korrekt verhält“, sagt Waltl.

Auch fehlerbehaftete Transistoren nicht notwendigerweise nutzlos
Die TU Experten untersuchten diese Frage mit Experimenten und aufwändigen Computersimulationen. Dabei zeigte sich, dass auch fehlerbehaftete Transistoren nicht notwendigerweise nutzlos sind. „Die Fehlertoleranz hängt von der Schaltung ab. Der Transistor kann etwa an einer bestimmten Stelle der elektronischen Schaltung besonders fehlerarm sein und bei einem anderen Transistor derselben Schaltung sind die Toleranzen aber größer“, erläutert Waltl.

In so einem Fall könnten eben zwei unterschiedliche Typen eingesetzt werden, um sicherzustellen, dass die Schaltung am Ende ihre Aufgabe zuverlässig erfüllt. „Unsere Ergebnisse treffen sowohl auf Silizium-Transistoren als auch auf neuartige 2D-Halbleiter zu“, ergänzt Michael Waltl. „Man sollte die Auswirkung unvermeidlicher Fehler jedenfalls nicht wie bisher nur empirisch beschreiben sondern auf physikalische Computermodelle zurückgreifen, um unterschiedliche Schaltvorgänge zu simulieren und so das Beste herauszuholen“, betont Michael Waltl, vom Institut für Mikroelektronik der TU Wien.

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red/mich/cc, Economy Ausgabe Webartikel, 17.01.2023