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28. März 2024

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25 Menschen versus 39 Millionen Menschen

25 Menschen versus 39 Millionen Menschen© Pexels.com/Artem Podrez

Massive Kritik von WHO und Attac an ungleicher Verteilung von Corona-Impfstoff. Reiche Länder würden leistbaren Zugang in WTO blockieren. Mehrere Länder und NGOs fordern Ausnahme für Aufhebung des Patentschutzes.

(red/czaak) Die Zahl der bilateralen Verträge reicher Staaten mit den Impfstoffherstellern nimmt deutlich zu. Im letzten Jahr wurden laut World Health Organisation (WHO) 44 derartige Kontrakte geschlossen, im heurigen Jahr sind es nun schon zwölf. „Während in mindestens 49 wohlhabenden Staaten inzwischen 39 Millionen Dosen verabreicht wurden, liegt die Zahl der verabreichten Dosen in den armen Ländern bei gerade einmal 25“, so Tedros Adhanom Ghebreyesus, Chef der WHO. „Ich muss unverblümt sagen: Die Welt steht am Rand eines katastrophalen moralischen Versagens.“

WHO-Chef warnt vor Verlängerung der Pandemie
Tedros warnt davor, dass „diese Haltung nicht nur die Bevölkerung in den armen Ländern gefährde“, sondern das werde auch „zu einer Verlängerung der Dauer der Pandemie führen“. Er appelliere an die reichen Länder mit viel Impfstoff, ihre Dosen auch über die internationale Corona-Impfinitiative Covax an die 92 angeschlossenen Länder zu verteilen. Parallel haben bei der aktuellen Sitzung des Allgemeinen Rates der Welthandelsorganisation (WTO) reiche Staaten – allen voran die EU und die USA – eine Lockerung des Patentschutzes für Covid-19-Impfstoffe erneut blockiert. 

Aussetzen von Patentschutz für Covid-19 Impfstoffe
Südafrika und Indien hatten in der WTO einen Antrag gestellt, den Patentschutz für COVID-19 Impfstoffe auszusetzen, um sie für die ärmsten Staaten leistbar zu machen. „Mehr als 100 Staaten, 300 Organisationen, zahlreiche Ökonomen und 900.000 Menschen unterstützen diese Forderung“, so das globalisierungskritische Netzwerk Attac in einer Aussendung. Attac kritisiert die Blockade entsprechend scharf: „Die Impfstoffe wurden teilweise oder fast vollständig mit öffentlich bzw. steuerfinanzierten Forschungsgeldern finanziert, sie sind daher als globales öffentliches Gut zu behandeln“, fordert Alexandra Strickner von Attac Österreich.

Finanzierung versus Profite
„Doch während wir als Gesellschaft die Kosten der Entwicklung mittragen, wollen die Konzerne die Profite allein einstecken. Es ist eine Schande, dass reiche Staaten im Interesse der Pharmakonzerne nun leistbare Medikamente für die ärmsten Staaten blockieren, anstatt ihre Versprechen für globale Solidarität in der Pandemie einzuhalten", so Strickner. Attac fordert die österreichische Bundesregierung und die EU auf, die Lockerung der Patentrechte für leistbare Covid-19-Impfstoffe nicht länger zu blockieren. Zudem müssen die WTO-Regeln für geistiges Eigentum grundlegend überarbeitet werden: „Menschenleben und Menschenrechte und nicht Profitinteressen müssen dabei im Zentrum stehen“, betont Strickner.

WTO-Regeln für geistiges Eigentum müssen überarbeitet werden
Hintergrund für diese Forderung ist, dass die Impfstoff-Preise durch entsprechende Patentrechte abgesichert werden. Diese Patente sind durch das sogenannte TRIPS-Abkommen für geistiges Eigentum in der Welthandelsorganisation (WTO) geschützt. Es sorgt dafür, dass auch jene Medikamente hochpreisig gehalten werden, deren Entwicklung auf öffentlich finanzierter Forschung basiert. Wie viel die Staaten insgesamt ausgegeben haben, sei „nicht transparent“, so Attac. Ärzte ohne Grenzen spricht von mehr als 12 Milliarden Dollar - aufgeilt auf die 6 größten Pharmakonzerne wie AstraZeneca, BiologicalE, Pfizer/BioNTech und andere.

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 19.01.2021