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28. März 2024

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Von der Innovation zu neuen Geschäftsmodellen

Von der Innovation zu neuen Geschäftsmodellen© Bilderbox.com

Die IT-Industrie ist mit einem veränderten Anforderungsprofil konfrontiert. Primär steht das Business der Kunden im Fokus und Technologie ist der Wegbereiter. Partnerschaftliche Projekte sind Grundlage neuer digitaler Dienstleistungen für andere Betriebe oder ganze Branchen.

(Christian Czaak) Technologie und Innovation sind die aktuellen Treiber für die digitale Transformation und das schafft auch ein verändertes Anforderungsprofil für die IT-Industrie. Die Erwartungshaltung von Unternehmen an ihre IT-Dienstleister reicht dabei von Integration oder Auslagerung über einen Innovationstransfer bis hin zu Generierung komplett neuer Business-Modelle.

„Für uns heißt das, dass wir nicht nur die Technologie verstehen müssen, sondern auch das Business unserer Kunden“, so Jochen Borenich, Mitglied des Vorstands bei Kapsch BusinessCom. Der IT-Dienstleister hat auf dieses veränderte Marktbedürfnis schon länger reagiert und neben den klassischen IT-Diensten das Business-Development ausgebaut und auf unterschiedliche Branchen ausgerichtet.

Applikationen und Plattformen als Basis der Digitalisierung
Kapsch sieht Applikationen und Plattformen als elementare Teile in der Digitalisierung und reagiert mit einer eigenen Software-Entwicklung sowie mit dem Ausbau digitaler Ecosysteme mit führenden Technologie- und Plattformanbietern, Start-Ups und Forschungseinrichtungen. „Diese Strategie verfolgen wir u.a. mit Beteiligungen am Data-Science-Experten AIMC und an Evolaris, ein Spezialist für digitale Assistenzsysteme“, erläutert Mark Winkler, Head of Digital Transformation & Business Development bei Kapsch BusinessCom.

Bei aktuellen Projekten geht es zumeist um übergreifende Produktionsprozesse sowie um neue Dienste in der Kundenbetreuung. „Früher war die Diskussion vom technologisch Möglichen geprägt, heute entscheidet der Nutzen für den Kunden und seine Endkunden und hierfür erwarten Betriebe sowohl technologische Begleitung wie auch einen Innovationstransfer“, sagt Peter Lenz, Managing Director von T-Systems Austria. Bezogen auf Anwendungen bedeute das „mehr Tempo und Effizienz bei Bereitstellung von IT-Services, bessere Netze, mehr Sicherheit sowie eine verbesserte Datennutzung.“

Innovationstransfer zwischen IT-Dienstleister und Unternehmen
Ein Beispiel für den Innovationstransfer zwischen IT-Dienstleister und Unternehmen bis hin zu neuen Geschäftsmodellen ist ein Projekt von T-Systems und Kaeser, weltweit tätiger Anbieter von Kompressoren und Druckluftsystemen. Die Kaeser-Kompressoren kommunizieren hier mit einer cloudbasierten Machine-to-Machine-Plattform (M2M) von T-Systems, welche die Daten auf Basis von SAP-Hana auswertet und intelligente Vorhersagemodelle für optimale Wartungszeitpunkte oder den Teiletausch zur Schadensvermeidung entwickelt (engl. Predictive-Maintenance). Die Übertragung passiert per Internet oder über das mobile Netz der Deutschen Telekom, die Daten werden über Apps auf Smartphone oder Tablets angezeigt.

Primär ermöglichen die intelligenten Prognosemodelle nun eine bedarfsgerechte Planung der Instandhaltung, die Vermeidung von Ausfall-Kosten sowie steigende Verfügbarkeit und eine insgesamt verbesserte Kundenzufriedenheit. „Die Digitalisierung sorgt dafür, dass das Internet der Dinge gleichbedeutend ist mit mehr Service. Wir können daraus digitalen Geschäftsmodellen den Weg bereiten, bei denen nicht mehr das klassische Verkaufen im Vordergrund steht“, erläutert Falko Lameter, CIO Kaeser Kompressoren. „Konkrete Business-Cases zu entwickeln wie etwa „Druckluft as a Service“, und entsprechende strategische Entscheidungen abzuleiten ist dann Aufgabe des Business. Aber wir machen sie möglich“, betont Lameter.

Internetgestützte Bezahlarten für digitale Wertschöpfungsketten
Direkt mit Endkunden verbunden und entscheidend für den Geschäftserfolg sind digitale Wertschöpfungsketten für Online-Händler. Zentral sind dabei internetgestützte Bezahlarten und für den erfolgreichen Einsatz dieser vergleichsweise noch jungen Technologie spielt auch Erfahrung eine Rolle. „Wir haben in 20 Jahren internationales Know-how aufgebaut und setzen das in Anwendungen für unsere Kunden um. Mit der Einbindung etwa von Alipay und Wechat in Zahlungslösungen können Händler ihre Produkte leichter an die steigende Zahl asiatischer Touristen verkaufen und das ist ein direkter Wettbewerbsvorteil“, erläutert Roland Toch, Managing Director CEE von Wirecard.

Wirecard als Spezialist für internetgestützte Bezahlverfahren und begleitende Services hat im Kontext mit Alipay und Wechat eine Reihe von Neukunden etwa in der Tourismusbranche gewonnen, darunter kürzlich das Land Tirol mit allen relevanten Tourismus-Institutionen (economy berichtete). Tirol will unter anderem Alipay als Zahlungsoption in möglichst vielen Betrieben anbieten. Wirecard übernimmt dabei den gesamten Zahlungsintegrations- und -abwicklungsprozess. Partner beim Projekt sind neben der Tirol Werbung die Landestourismusorganisation Tirols, Innsbruck Tourismus, Kitzbühel Tourismus, der Tourismusverband Kufsteinerland, Ötztal Tourismus, der Tourismusverband St. Anton oder die Swarovski Kristallwelten.

Next Digital Banking
Auch Oliver Dlugosch, CEO von NDGIT, bestätigt die zunehmend geforderte Teilhabe an Innovation: „Als Dienstleister primär für die Finanzdienstleistungsbranche müssen wir hier laufend liefern.“ Das FinTech steht für Next Digital Banking und setzt bei der Vernetzung digitaler Services und Regularien über eine technologisch standardisierte Schnittstelle in Form einer flexibel einsetzbaren Open Banking Plattform an und dazu gehören auch eigene und ebenso standardisierte Varianten zur neuen EU-Richtlinie PSD2 (economy berichtete).

Vereinfacht ausgedrückt wird Banken und Versicherungen mit dieser Open Banking Plattform ermöglicht, sich für digitale Partnerschaften zu öffnen, ohne dafür ihre eigenen Systeme grundlegend verändern zu müssen – oder eben spezielle Varianten im Bereich PSD2-Compliance zu integrieren. Über diese Schnittstelle (Anm. Applikation Programm Interface/API) können die klassischen Finanzdienstleister neue Produkte oder Services externer FinTechs und weiterer Dienstleister anbinden, steuern und auswerten. NDGIT setzte bereits mit zahlreichen internationalen Banken derartige Banking-Plattformen um, darunter die schweizerische UBS, die Deutsche Nord/LB oder auch die österreichische BAWAG-Gruppe.

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 04.06.2019