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28. März 2024

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Zwischen Monotonie und Vielfalt

Während nahezu alle anderen großen IT-Dienstleister ein bis zwei Digitalisierungsthemen forcieren, setzen Deutsche Telekom und T-Systems auf ein ganzheitliches IT-Portfolio. Neue Partnerschaften zwischen IT-Konzern und Unternehmen läuten zudem einen Paradigmenwechsel im Geschäft mit der digitalen Transformation von Betrieben ein.

Bild 1: Dr. Jana Clement, promovierte Medizintechnikerin und Expertin für Multimedia und Artificial Intelligence bei T-Systems
Bild 2: Johnathan (Yoni) Heilbronn, CMO bei Argus Cyber Security
Bild 3: Smart Production
Bild 4: Digital Manufactoring
Bild 5: Drohnen-Abwehr in Echtzeit

(Christian Czaak aus Hannover) Die kürzlich zu Ende gegangene Industriemesse in Hannover spiegelte einen deutlichen Paradigmenwechsel im Digitalisierungsgeschäft mit unterschiedlichen Marktstrategien der IT-Industrie wieder. Einerseits konzentrieren sich große internationale IT-Dienstleister wie IBM, Microsoft, SAP, Amazon, Atos oder Samsung primär auf die zwei Themen IoT und/oder Cloud. Und andererseits ist zwischen IT-Dienstleistern untereinander oder zwischen IT-Dienstleistern und Industriebetrieben Partnerschaft angesagt, um neben eigenen Projekten (in den Unternehmen) neue digitale Geschäftsfelder für Dritte zu entwickeln.

Ganzheitliche Strategie und Partnerprojekte
T-Systems als Business-IT Sparte des Deutschen Telekom Konzerns mit entsprechend technologie- und serviceübergreifender Basis bei Erfahrung, Forschung und Innovation, setzt wiederum auf eine ganzheitliche IT-Dienstleistungspalette für so gut wie alle Bereiche und Anforderungen eines Unternehmens. Bei sensiblen Themen und umfangreicheren Herausforderungen mit Auswirkungen oder Nutzungsszenarien für ganze Branchensegmente, passieren zudem ergänzende Partnerschaften mit spezialisierten Technologie-Dienstleistern.

Als Beispiele für aktuelle partnerschaftliche Projekte stellte T-Systems und der Autozulieferer Continental in Hannover die Entwicklung eines neuen Security-Operations-Centers (SOC) vor. Hier wird gemeinsam mit der israelischen Argus Cyber-Security ein Sicherheits-Zentrum für autonome Fahrzeuge entwickelt. Argus ist eine Continental-Tochter und auf sichere Bordsysteme und Cyberabwehr-Technologien in der Automobil-Branche spezialisiert. „Im Telekom Cyber Defence Center wehren wir täglich 32 Millionen Attacken auf unser Netz ab und diese umfangreichen Erfahrungen stellen wir jetzt der Automobilindustrie zur Verfügung“, so Adel Al-Saleh, CEO von T-Systems.

Security für Automobilbranche oder Pharmaindustrie
„Zusammen mit T-Systems werden wir für Kunden ein widerstandsstarkes Cyberabwehr-Center für Fahrzeuge aufbauen“, ergänzt Yani Heilbronn, CMO bei Argus Cyber Security. „Die gemeinsame Lösung wird die Sicherheit im Auto stärken. So können Autohersteller und Flottenbetreiber ihre Vision einer sicheren Mobilität umsetzen“, unterstreicht Werner Köstler, aus Wien stammender Strategiechef der Interior Division bei Continental.

Mit Volvo wiederum passiert seitens T-Systems eine Kooperation zum Schutz vor Drohnen-Angriffen. Die gemeinsam mit der Deutschen Telekom entwickelte Lösung für Drohnenschutz nützt auch der Pharma-Konzern Boehringer Ingelheim. Hier wird das Firmenareal mit einem auf verteilte Sensoren basierenden Schutzschild ausgestattet, der Drohnen in Echtzeit erkennt, sie abfängt und dabei auch Beweise für eine etwaig relevante Strafverfolgung sichert. Die hier angewandte drahtlose Vernetzung mit RF-Sensoren (Radio Frequency) wird auch für Teststrecken in der Automobilindustrie verwendet.

Vielfalt bei Cloud und IoT
Im Sinne einer digital unterstützten Verbesserung laufender Produktionen besonders im Bereich Industrie 4.0 und IoT sind zunehmend Interoperabilität und offene bzw. verknüpfende Technik-Standards angesagt. Als weltweit größter SAP Hosting Provider stellte T-Systems in Hannover auch eine neue Zusammenarbeit mit SAP im Bereich Cloud und IoT vor. Hier können nun über jede genutzte T-Systems Cloud-Variante alle SAP-Applikationen genutzt werden und das betrifft insbesondere SAP-Hana oder IoT-Anwendungen wie Leonardo (economy berichtete).

Unabhängig davon verfolgt T-Systems seine eigene Cloud-Strategie, die neben allen SAP-zertifizierten Clouds auch die hauseigene Dynamic Cloud Plattform und die Open Telekom Cloud (OTC) beinhaltet und zudem auch Amazon Web Services (AWS) oder Azure von Microsoft. Die diversen Anbote und Varianten lassen sich nach Bedarf kombinieren und die Nutzung kann über Rechenzentren von T-Systems als Managed Service passieren oder über die eigene IT-Abteilung des Unternehmens mittels eines Self Service Portals. „Unsere Expertise erlaubt uns hier, übergreifende und nahtlos gemanagte Services zu bieten und das unabhängig von der technologischen Plattform“, erläutert Adel Al-Saleh.

5G-Campusentwicklung in Produktionsumgebung
Basis für viele betriebliche Digitalprojekte ist das zugrunde liegende Netzwerk und die Qualität bei Übertragung bzw. Verfügbarkeit und Sicherheit. Deutsche Telekom und ihre Töchter T-Systems und T-Mobile gehören hier zu den Pionieren. T-Mobile nahm etwa zuletzt in Österreich das europaweit erste 5G-Netz für zahlreiche Gemeinden und Regionen in Betrieb (economy berichtete). Und speziell in Richtung Unternehmen und Industrie stellten Deutsche Telekom und T-Systems bereits beim heurigen Mobile World Congress in Barcelona den ersten betrieblichen 5G-Campus vor, der im Werk des Leuchtenherstellers Osram nahe Augsburg (D) umgesetzt wird.

Das schnelle 5G-Netzwwerk unterstützt hier automatisch gesteuerte Fahrzeuge in Produktionsumgebungen und verbindet in Summe rund 3.000 „Dinge“ und Artikel. Ebenso in Barcelona zeigte die Deutsche Telekom übrigens auch eine auf Augmented Reality basierende Entwicklung, die gemeinsam mit Samsung und dem Spiele-Hersteller Niantic (Anm. Entwickler von Pokemon Go) umgesetzt wurde und bei der sich mehrere hundert Spieler bei einer Art digitalem Völkerball in Echtzeit messen können, wo der Ball jeweils in die reale Umgebung eingeblendet wird. Die primär auf private Konsumenten abzielende erste Teststufe kann künftig dann auch für betriebliche Einsatzgebiete angepasst oder weiterentwickelt werden.

Digitale Unterstützung bei Verkauf und Warenwirtschaft am Beispiel Handel
Eine weitere Verlautbarung im Rahmen der Hannover Messe betraf dann die Handelsbranche und die Themen Daten und Warenwirtschaft sowie verkaufsunterstützende Maßnahmen im klassischen stationären Geschäft und in der Verbindung mit Online-Shops. T-Systems bringt hier in einem ersten Schritt 50.000 digitale Preisschilder in die Düsseldorfer Filiale eines großen Handelshauses, die etwa Preisänderungen und Sonderanbote in Echtzeit ermöglichen. Parallel sind damit dann auch Anpassungen in der Warenwirtschaft sofort sichtbar und Informationen wie der Lagerstand bestimmter Kleidungsstücke.
Diese digitalen Preisschilder sind zudem mit Near-Field-Communication (NFC) ausgestattet und damit kann der Händler dann auch das lokale Geschäft mit dem Online-Shop verbinden und mittels einer digitalen Ortsangabe in sogenannten Fashion-Tags finden Verkäufer und Kunde die Ware im Geschäft schneller. Ebenfalls verbessert und entsprechend ressourcen- wie kostenoptimiert werden damit Inventuren, die nunmehr weitaus rascher und leichter durchgeführt werden können.

Datenvernetzung am Beispiel Gebäudemanagement
Die Hannover-Messe war dann auch noch Anlass zur Verkündigung einer neuen Partnerschaft im Bereich Datenmanagement und IoT zwischen T-Systems und dem internationalen Gebäude-Dienstleister ISS Facility Services. Der hier zugrunde liegende „Connected Things Hub“ von Deutscher Telekom und T-Systems wird als eine Art Daten-Plattform nun zur Steuerungszentrale von ISS.

Gesammelt werden etwa Daten wie Mitarbeiter eines Unternehmens Besprechungsräume nutzen oder Informationen zu Komfort, Raumklima oder Reinigungszustand. Damit kann ISS seine Immobilien weltweit online managen, eine spezielle Software analysiert dabei die Daten in Echtzeit. Bei Überschreitung vorgegebener Werte wird ein Gebäudetechniker benachrichtigt, der dann steuernd eingreifen kann. Allein 2018 installierte ISS rund 20.000 derartige Sensoren bei Kunden in mehr als 18 Ländern.

Automatisierte Produktion am Beispiel Glasmanufaktur
Ein weiteres Beispiel für vernetzte Sensorik mit intelligenter Datenauswertung betrifft die deutsche Glasmanufaktur GlasGo. Das Unternehmen veredelt täglich mehrere 10.000 Gläser mit speziellen Lacken und hat T-Systems mit der digitalen Steuerung und Überwachung der Produktion beauftragt. Das System erfasst dabei etwa die Werte von Lüftungs- und Brennmaschinen, vergleicht diese Daten mit gespeicherten Sollwerten und löst bei Abweichungen entsprechend Alarm aus.

Vernetzung und Datenauswertung ermöglichen nun auch eine effizientere Verwendung von Farben und Lacken und informieren zudem über etwaige Leerläufe bei den diversen Maschinen. In Summe ergibt sich daraus auch ein reduzierter Energieverbrauch. Alle Daten aus dieser automatisierten Produktion werden über einen zentralen Kommandostand verarbeitet und gesteuert. „Wir haben uns mit T-Systems gezielt einen großen Partner ausgesucht, mit Rechenzentrum in Deutschland und Datenschutz nach europäischem Recht“, erläutert Hans-Jürgen Hirsch, Geschäftsführer von GlasGo, einen weiteren relevanten Punkt der Partnerschaft.

T-Systems Kunden in Österreich profitieren von vielfältiger Innovation
Die angeführten Beispiele für die Vielfalt bei Anwendungen und Branchen lassen sich auch auf Österreich übertragen. T-Systems Austria profitiert aber nicht nur von Forschungs- und Innovationskraft des Deutschen Telekom Konzerns, sondern setzt auch eigene beispielgebende Digitalprojekte mit Unternehmen und Institutionen um. Erwähnenswert sind hier etwa Logistikprojekte mit dem internationalen Spediteur Quehenberger, Verkehrsinfrastruktur-Projekte mit der Asfinag oder der Stadt Salzburg oder Innovations-Projekte für KMUs im Bereich Smart-Productions, wo etwa an und mit der TU-Graz eigene digitale Fabriksumgebungen geschaffen werden.

Ein Schwerpunkt bei T-Systems Austria betrifft zudem die auch wirtschafts- und gesellschaftspolitisch wichtigen Bereiche Gesundheit und Pflege. Hier wurden bereits vor vielen Jahren eigene Krankenhaus-Informationssystem (KIS) entwickelt und laufend ausgebaut, die etwa bei zahlreichen Krankenhaus- und Spitalsbetreibern in nahezu allen österreichischen Bundesländern eingesetzt und laufend erweitert werden.
„Durch die Deutsche Telekom Familie sind wir natürlich mit Innovation gesegnet, da haben wir einen massiven Vorteil“, bestätigt Peter Lenz, Managing Director von T-Systems Austria im Gespräch mit economy. „Wenn die Kollegen mit einer Shell an einer neuen Öl- und Gas-Applikation arbeiten, kann das auch für eine OMV interessant sein“, erläutert Lenz ein weiteres Beispiel für die Synergien. „Mein Job ist es daher auch, vom Reichtum dieses großen Konzerns Know-how für unsere österreichischen Kunden ins Land zu holen.“

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 08.04.2019