Der Mann auf Rollensuche
Eine neue Studie mit dem Titel „Männer: Rolle vorwärts, Rolle rückwärts“ geht der modernen Männerrolle auf den Grund. Der moderne Mann strebt nach Gleichstellung der Geschlechter, scheitert aber noch oft an alten Strukturen. Und an sich selbst.
Die aus deutschen Bundesmitteln geförderte Studie unterscheidet zwischen vier Männertypen, die dem traditionellen Rollenbild unterschiedlich gegenüberstehen. Der „starke Haupternährer“ und der „Lifestyle-Macho“ sind dabei eher dem traditionellen Männerbild zuzuordnen, während „der neue moderne“- sowie der „postmoderne“ Mann diesen Rollenklischees kritischer gegenüberstehen und laut Studie etwa zwei Drittel der heutigen Männer ausmachen.
Der „moderne Mann“ ist mit 32 Prozent am häufigsten Vertreten. In sein Profil fällt das Interesse an der Gleichstellung der Geschlechter, er wünscht sich den Schritt von einer einseitigen Frauenpolitik zu echter Gleichstellungspolitik für Frauen und Männer. Zudem weiß er, dass „moderne Männer und Frauen gemeinsam gegen Strukturen und Alltagskulturen von ungerechter Ungleichstellung“ anzukämpfen haben, so die Autoren.
Gemeinsam gegen alte Strukturen
„Gleichstellung trennt heute nicht mehr die Geschlechter, sondern Generationen und Milieus“, lautet wohl eine ihrer spannendsten Erkenntnisse. Auf dem gemeinsamen Weg zu neuen Geschlechterrollen und echter Gleichstellung ist das Aufbrechen alter Gesellschaftsstrukturen vor allem auch ein Kampf mit sich selbst. Selbst moderne Männer und Frauen neigen dazu, nach „großen Schritten“ wie Zusammenziehen, das erste Kind, etc., wieder in alte Rollenmuster zurück zu fallen. Das Ringen um eine Neudefinition der Männerrolle wird zum Paartanz, das Abspulen gewohnter Programme bleibt verlockend.
Dem Versuch in der Partnerschaft berufliche Gleichstellung zu erreichen, steht auf Seiten des modernen Mannes ebenfalls einiges im Wege. Zwar gibt es immer mehr Unternehmen, die der Väterkarenz positiv gesonnen sind, doch wird ihre Inanspruchnahme vielerorts noch als Motivationsmangel fehlinterpretiert. Ähnliches geschieht, wenn ein Vater für längere Zeit die Wochenarbeitszeit reduzieren möchte. Vor allem für Männer in leitenden Positionen führt dies schnell zu „drastischen Verlusten in Verantwortung, Position und Einkommen“, befindet die Studie.
Neues Selbstbild
Tatsächlich neu ist, was Männer heutzutage an ihren Artgenossen als „sympathisch“ einstufen. Unter diesen Merkmalen finden sich nämlich neuerdings vermehrt Eigenschaften wie „Gefühle anderer verstehen“ - die traditionell Frauen zugeschrieben wurden. „Dies signalisiert einen Umbruch im Selbstverständnis von Männern“, sind die Autoren überzeugt.
Ist der moderne Mann also tatsächlich ein Modell für echte Gleichstellung? Hilft er im Haushalt, geht er in Väterkarenz und unterstützt seinen Partner beim Berufswiedereinstieg? Fragt man den „modernen“ Mann, wäre die Antwort wohl „Ja“. Das Autorentrio unterstellt ihm allerdings ein etwas verzerrtes Selbstbild. Der moderne Mann hält sich demnach diesen Themen gegenüber für sehr aufgeschlossen, lässt aber oft nur wenige Taten folgen.
So sollen die Männer selbst den Entwurf neuer Männerrollen den Frauen überlassen, um letztendlich eine Passende auszuwählen. „Hier reproduziert sich das traditionelle Verhaltensmuster auf neuem Terrain: Die traditionelle Frau suchte ihrem Mann zum Ankleiden Hose, Hemd und Socken raus – und der Mann entschied letztlich autonom“, bemerkt die Studie - fast etwas süffisant, könnte man meinen.