Unabhängiges Magazin für Wirtschaft und Bildung

12. Dezember 2024

Search form

Search form

Die neue Nachhaltigkeit von Beton

Die neue Nachhaltigkeit von Beton© pexels/rquiros

Das Thema Nachhaltigkeit hat immer größere Bedeutung. Die Baubranche etwa ist beim CO2-Ausstoß ein wichtiger Ansatz für technologische Innovation zum Gegensteuern und das belegt ein neues Projekt der deutschen Inkubationsagentur SPRIND.

(red/czaak) Ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit wird aktuell immer mehr zur Notwendigkeit und da zeigt sich gerade in der im Kontext überaus relevanten Bauindustrie ein Gegensatz. Der Baustoff Beton steht sowohl als massiver Grundpfeiler moderner Infrastrukturen, aber auch als essentieller Klimaschädling im Fokus. Mit einem Anteil von acht Prozent an globalen CO2-Emissionen, rückt die Betonproduktion immer öfter in das Zentrum vieler Debatten um Umweltschutz. Insbesondere durch die Herstellung von Zement bzw. Beton als Bindemittel von Sand und Kies entstehen umweltbelastende Emissionen.

Ein CO2-neutrales Bindemittel für Betonanwendungen im Bauwesen
Hierkommt nun Olivin ins Spiel, ein mineralischer Bestandteil von Gesteinen, grünlich schimmernd und global gesehen in großen Mengen vorhanden. Die Besonderheit des Olivins offenbart sich in seiner Zusammensetzung als Mischung aus Magnesium, Eisen und Siliziumoxid. Genau diese Mischung ermöglicht es, ein Bindemittel herzustellen, das mit Wasser nicht nur fest wird, sondern auch Kohlenstoffdioxid bindet. Gegensätzlich zum traditionellen Ausgangsstoff Kalkstein, enthält Olivin kein CO2 – und damit kann das auch nicht (klimaschädlich) freigesetzt werden.

An diesem Punkt setzt nun das Leipziger Unternehmen Oliment gemeinsam mit der Forschungsgesellschaft necona des deutschen Inkubators SPRIND an. Die Leipziger (D) wollen mittels disruptiver Technologie die Zementherstellung von diesem ökologischen Ballast befreien. „Das Hauptziel von Oliment ist es, ein CO2-neutrales Bindemittel für Betonanwendungen im Bauwesen zu etablieren“, erklärt Frank Bellmann, Gründer des Unternehmens Oliment und Forscher an der Bauhaus-Universität Weimar. „Die ersten Schritte umfassten die Rezepturentwicklung und die Herstellung eines Bindemittels auf Basis von Olivin im Tonnenmaßstab“, ergänzt Bellmann.

Olivin als neuer Protagonist einer nachhaltigen Materialwissenschaft
Frank Bellmann beschäftigt sich bereits seit Beginn der 2000er Jahre mit mineralischen Werkstoffen im Bauwesen, seine Schwerpunkte sind Zementchemie und die Erforschung von Bindemitteln für Beton. Im Fokus an der Bauhaus-Universität Weimar stand die Überführung sogenannter Belitzemente vom Labor in die Anwendung. Auch damals mussten ähnliche Probleme der Skalierung gelöst werden. Von diesen Erfahrungen profitieren nun Bellmann und das Team. Letzten Juli erfolgt die Finanzierung durch SPRIND, kurze Zeit später die Unterstützung durch den kaufmännischen Geschäftsführer Alexander Butt.

Das Oliment-Team bündelt umfangreiches Wissen in der Verfahrenstechnik, Chemie, Betontechnologie und Geowissenschaften. Die treibende Kraft ist dabei nicht allein der technologische Fortschritt, sondern das Streben des gesamten Teams die Zementproduktion nachhaltig zu verändern. „Olivin als Bindemittel kann schnell in bestehende Zementanwendungen integriert werden und CO2-Emissionen reduzieren“, so Frank Bellmann. „Olivin benötigt keinen energieintensiven Brennprozess mit fossilen Brennstoffen, was nicht nur CO2-Emissionen ausschließt, sondern auch die Abhängigkeit von den Brennstoffen verringert. Die Herstellung erfolgt durch die Verwendung von Elektroenergie“, erklärt Bellmann.

Komplexe Anlagenarchitektur mit entsprechend massiven Produktionsanlagen
In Vorhaben selbst werden Anwendungsfelder für das Bindemittel und Synergien im Zusammenhang mit weiteren nachhaltigen Baustoffen erforscht. Das umfasst die Entwicklung einer komplexen Anlagenarchitektur und so braucht es entsprechend massive Produktionsanlagen, die ganze Hallen in der Kleinstadt Rötha im Süden Leipzigs (D) füllen. "Wir entwickeln eine Technikumsanlage und parallel auch weitere Prototypen für die Produktion im Tonnenmaßstab. Nächstes Ziel ist die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung und die Effektivität des Bindemittels einmal in Forschungs- und Demonstrationsprojekten zu belegen“, sagt Alexander Butt, kaufmännischer Geschäftsführer von Oliment.

Gemeinsam mit SPRIND als Bundesagentur für Sprunginnovationen tritt das Team nun an, die bestehenden Herausforderungen zu bewältigen und das übergeordnete Ziel zu erreichen. „Das erstaunliche Engagement und der Glaube an unser Projekt, hat uns gezeigt, dass selbst aus der vermeintlichen Abgeschiedenheit Sachsens heraus, wir die Kraft haben, global etwas zu bewegen.“, unterstreicht Butt vom Leipziger Unternehmens Oliment.

Links

red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 26.04.2024